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Stand: 25. November 2003, 8:00
 

Strapaziöser Parteitag (17.-19.11.2003) offenbart Siechtum 

20. November 2003: Beschaffung der wichtigsten überregionalen Zeitungen. Was zum Parteitag der SPD wohl kommentiert wird? Die Ausbeute war überraschend mager. Sind unsere Medien ähnlich verwirrt wie die SPD selber?

Hat die SPD überhaupt noch einen klaren Kopf?

(A) Presseecho

Bild (Ausgabe Köln), Seite 1 und 2: „Riesenzoff bei der SPD“, im wesentlichen Personaltratsch Schröder/Gabriel und nebenbei: Gegen den Willen von Schröder, Bürgerversicherung für Kranken und Rentenversicherung. Außerdem höhere Erbschaftssteuer.

FAZ, S.1: „Niederlage für Schröder“, Tenor wie Bild, allerdings für Bildungsbürger. Auf S.5: 60% Personaltratsch, ansonsten 100 Zeilen Bericht im Wesentlichen nicht mehr als Titel und: Ausbildungsabgabe, Erhöhung Erbschaftssteuer, keine Absenkung des Spitzensteuersatzes, Subventionen streichen, Steuervergünsti- gungen streichen (Das LT:. Steuererhöhung), „Vorgezogene“ wegen der Konjunk- tur, solidarische Bürgerversicherung, stärken der Eigenversorgung (Das LT: also stärkere Zwangsbelastung), Zukunft „für und mit mehr Kindern“ hat die SPD also befunden. Dazu einige Zitate von Prominenten. Das interessanteste: Clement ha- be geäußert, die Wirtschaftslage sei labil (Das LT: hört, hört). Schließlich auf S. 13 „Flirt mit Folgen“. Nichts Neues kommentiert die FAZ

FR, S.1: „Partei überstimmt Spitze“ und S. 4: „Krawall-Zitat macht die Sachthe- men fertig“ Tenor, einschl. Personaltratsch, im wesentlichen wie FAZ. Interessant das Zitat aus der Abschlussrede von Schröder: „Auf diesem Parteitag ist deutlich geworden, dass die Sozialdemokraten gemeinsame Wertvorstellungen haben; die sind das Verbindende ...“ Das LT: Will die FR höhnen?

SZ: Zunächst S.1: „Neuer Dämpfer für die SPD-Spitze“, gleicher Personaltratsch wie die anderen Zeitungen. Seite 3: „Hymne mit Pauke und Trompete“ mit vertie- fender Personalanalyse zum Thema Gabriel (Das LT: kommender Mann, „des is a Hund“), gemocht von Müntefering (Das LT: Urgestein!). Seite 4: „Wer nur den lieben Gerd lässt walten“ (Tenor: Götterdämmerung) und schließlich Seite 4: „Das Grauen der Gewerkschaften“ (Das LT: partielles Zurückstutzen ihrer Macht wohl unvermeidbar) so wie „Schlappen für Clement und die Führung“ mit sachlichen und informativen Kurzberichten zu den Themen Ausbildungsplatz-Ab- gabe, Steuerpolitik, Bürgerversicherung, Familienpolitik („die Menschen“ in Deutschland müssen unbedingt öfter „ungeschützt“ miteinander schlafen) , Bil- dung (sozialgerechte Chancengleichheit; das LT: Die SPD hat bildungspolitisch offenbar 50 Jahre lang gepennt, bzw. mit der CDU/CSU - PISA hin, PISA her - über die „Standards“ gequatscht), Rente und Arbeitszeit (Das LT: SPD meint es sei nicht nötig „mehr“ zu arbeiten).

HB, S. 3: „Wahldebakel reißt neue Gräben auf“ mit kompletten Personaltratsch, Bild von „Red Bull“ (Gabriel), Tenor: Der Kanzler erhielt auch Unterstützung, an- sonsten die kontroversen Themen. Seite 3: „Wir schreiten Seit’ an Seit’“ – über- flüssig wie ein Kropf. Befremdlich auf Seite 11: „Gefährliches Trugbild“, die SPD sei, anders als nach dem Parteitag Anfang Juni 2003, angenommen werden konnte (Das LT: Echt abenteuerlich, solche Annahme) „nicht reformfähig“ (Das LT: Nicht reformwillig); immerhin beruhigend ebenfalls auf Seite 11: „Bottom-Line“, unseren Neosozialisten wird „übersetzt“, ins Stammbuch geschrieben, dass die Sozialpflichtigkeit von Kapital nicht darin besteht „es“ unter der Matratze oder als ungenutzte Latifundien in Lateinamerika zu halten.

KStA (die beste Zeitung im Westen, wobei „Westen“ geographisch größer, als bisher angenommen), Seite 1: „SPD folgt Kurs Schröders – mit Abstrichen“ Eine kurze sachliche Einführung mit Erklärungen von CDU/CSU und FDP, so wie Verweisen auf weitergehende Artikel. Lebendig und sachlich ohne politischen Tratsch berichtet der KStA auf Seite 5: „Gesucht: Mut zur Offensive“, „Starke Worte im Konflikt um Olaf Scholz“ und auf Seite 4 mit einer echten Analyse unter dem Titel „Geschacher um Symbolthemen“ (der beste Leitartikel unter allen Zeitungen, die hier zitiert sind). Lesen Sie am besten selber.

(B) Das Herz schlägt links. Auch künftig 

Während also die relevanten Zeitungen im wesentlich orientierungslos berichten und kommentieren ist das Resultat des SPD-Parteitages vom 17.-19.11.2003 so zusammenzufassen:

  • Schröder bekam bei der Wahl als Vorsitzender mit 80% einen signifikan- ten Dämpfer; so, dass er noch gerade nicht sein Gesicht verlor; derweil wurden Clement und besonders Scholz - kompensatorisch - wegen (a)  wegen schlechter Wahlergebnisse, miserabler Meinungsumfragen und (b) Regierungshandeln, in krassem Widerspruch zum Wahlprogramm, regelrecht abgestraft (parteiinterne Abrechnung von Wahlbetrug)
  • Vordergründig im Widerspruch dazu wurden Nahles, Schreiner, Engelen-Kefer und Sigrid Skarpelis-Sperk (allesamt linker Flügel) kühl-rational zurückgestutzt. Prononciert linker Auftritt passt derzeit nicht in die Landschaft.
  • Es blieb im wesentlichen bei den Vorlagen des Parteivorstandes; dennoch hat der Parteitag Akzente gesetzt, die klar anzeigen, dass die Reise nach „links“ d.h., zu weiterer Verstaatlichung aller Lebensbereiche gehen soll.

Zwar wurde bei einzelnen Personal- und Sachentscheidungen mal der sozialisti- sche, mal der konservative Einschlag erkennbar, dennoch hat der Parteitag, pau- schal betrachtet, angesichts ungünstiger Lage, die best mögliche, d.h., optimale Synthese produziert.

Die Summen-Intelligenz von Gremien mit Hunderten Mitgliedern ist immer wieder bemerkenswert, im übrigen, anders als bei CDU/CSU, auch bei Parteitagen von FDP und Grünen zu beobachten.

(C) Die Sachaussagen

Die SPD, der Parteitag weiß, dass Überwintern angezeigt ist; nachvollziehbar der Wille, die politische Apoptose zu vermeiden. Die Chance bei einem eher wenig wahrscheinlichen Konjunkturaufschwung wieder Fuß zu fassen, wollte sich die SPD sich nicht verbauen. Der Parteitag der SPD hat insgesamt nüchtern, kühl, letztendlich völlig rational gehandelt.

Mit 500 Antragsseiten hat sich die Partei im Grunde genommen selbst blockiert, bestenfalls eine Farce abgezogen; denn der umfangreiche Stoff kann bewusst-ra- tional in 22 Stunden von den Delegierten nicht durchdrungen und abgehandelt worden sein. Es fragt sich, was die SPD unter ihrer Papierlawine verbergen will. Oder wollte der Parteivorstand die Delegierten mit Spielmaterial eindecken? Ver- birgt die SPD ihr „Ende vom Latein“? Ins Auge fallen die Beschlüsse mit langem Text (etwa „A452:Wissens- und Informationsgesellschaft im 21. Jahrhundert“, „A416: Internationale Politik“, „A278: Gerechtigkeit durch Bildung: Mehr Chancen- gleichheit, höhere Qualität, bessere Leistungen“ oder „A277: Deutschland 2010 - Zukunft für Kinder und Zukunft mit mehr Kindern“): Die konzeptionelle Wucht ist umgekehrt proportional der Länge des jeweiligen Textes. Es gibt episch umfang- reiche Zustandsbeschreibungen, die über das Postulieren von Allgemeinplätzen nicht hinauskommen. Wiederholt und anders gefragt: Was bezweckt die SPD mit Aussagen, die sie nicht einmal selber verstanden und durchdrungen hat? Obrig- keitsstaat des Banalen, des Naiven? Die für SPD-Verhältnisse dennoch maßvol- len Zuspitzungen (s.o. Pressekommentare, insbesondere die SZ) sind der aktuel- len politischen Stimmung geschuldet. Es wehrt sich die SPD vehement entweder gegen dem Untergang oder die Aufgabe des herkömmlichen Programms; aber die SPD ist noch immer in der Lage der Gesellschaft großen Schaden zuzufügen. Die neueste Kreation aus dieser Küche ist es, die Taten krimineller Organisationen unter dem Begriff „Privatisierung von Gewalt“ zusammenzufassen. Nicht schlecht als taktisches/strategisches Manöver, dennoch unredlich und diametral dem moralischen Anspruch entgegengesetzt. Widerspruch zwischen Prozess- und Wertepolitik. Wie Lenin.

(D) Veröffentlichte Reden und der Scholz-Gabriel-Konflikt.
Personalprobleme.

Die Reden der Granden sind öffentlich dokumentiert: Schröder, Struck, Müntefering, Scholz, Bulmahn, Renate Schmidt, Ulla, Schmidt, Eichel, Clement, Poß, Wieczorek.Zeul, Wettig-Danielmeier, Steinbrück und Beck. Das riecht wie folgt: Wer ist ganz wichtig und muss reden? Welche Themen haben wir? Ein paar Mal hin und her iteriert: Die Paarungen stehen. Dann gingen die Sachbear- beiter ans Werk und schließlich bekamen die Auserwählten, in Ministerien von Aktenbergen geplagten, „schlüsselfertig“ die jeweiligen Sprechschablonen. Alles perfekt planbar und auch geplant. Die SPD ist kopflastig; Landespolitiker wurden zwar für Hilfsdienste eingesetzt (etwa Diskussionsleitung) oder auch gar nicht. Sigmar Gabriel etwa. Es wird deutlicher: Die SPD-Führung fühlte die Notwendig- keit, einen, der die Götterdämmerung abkürzen könnte kalt zu stellen; von Ge- staltungskraft zeugt dies nicht. Die SPD ist gestresst und von zunehmenden Zerwürfnissen ihrer führenden Leute geplagt. Steht der Kanzler schon jetzt auf der Abschussliste? Der Reiseaktionismus ab Mitte Oktober 2003 scheint dies ebenfalls anzuzeigen. Jedenfalls zeigt der Scholz-Gabriel-Konflikt, dass in der SPD verboten ist, Funktionsträger abzuschießen; das heißt bei der SPD Intrige, weswelcher „Fertigmachen“ bzw. Exekution durch den Fürsten persönlich gebo- ten ist. Die Aussage, dass langjährige politische Tätigkeit nicht notwendigerwei- se Schweine produziere, spricht Bände.

Fazit: Die SPD hat sich propagandagetrieben, im Wahn des Machtwillens ihrer Spitzenleute, völlig übernommen und in nicht auflösbaren Widersprüchen verfan- gen. Mag sein, dass der Wunsch, Marotten der Grünen zu übernehmen eine Rolle gespielt hat. Genauso ist einzusehen, dass das weit verbreitete Fehlverhal- ten der Eliten einer gewissen anderen Volkspartei kritiklos abgekupfert wurde. Das Resultat ist bedauerlich.

WW hat Recht: Die Republik muss neu gegründet werden. Das ist nach diesem Parteitag der SPD deutlicher geworden.

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