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Stand: 31. März 2005, 17:00 / 26.02.05 / 01.08.04 / 03.04.02 / 19.12.01 / 16.11.01 / 05.09.01

Die nationale Frage

Leitkultur, Deutschland halt’s Maul, Inder, Mahnmal, rechte Szene, multikulti, Ausländer, Geburtenrückgang, die nationalen Traumata der Rechten, Linken, So- zialisten und Konservativen sind noch immer nicht überwunden - eine insge- samt unnötige Kakophonie. Auch Nationalliberalismus ist ein Faktor größer Null. Liberale sollten Stellung beziehen. WW hat sich bereits mehrfach geäußert.
U.a. am
7.9.01 in der Neue Ruhr-/ Neue Rhein-Zeitung

Eigentlich haben Liberale mit der Frage nichts am Hut. Namhafte Liberale des vorigen Jahrhunderts (v. Mises, Hajek, Popper, Richter, Naumann, Dahrendorf und viele mehr) dachten/denken transnational. Romantik in der internationalen Politik war schon immer verfehlt; dumpfe Engstirnigkeit der Nicht-Aufklärung ist Liberalen zuwider, denn in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts gaben Spie- ßer zum Thema den Ton an. Heute wissen wir besser als früher, dass Gefühle vieler Einzelner die Gesellschaft großer geographischer Räume prägen. Anders als das Gefühl der Freiheit , polarisiert Nationalgefühl. Liberale Geisteshaltung ist daher gefordert. Unbestreitbar ist kulturelle Praxis, damit kulturelle Identifi- kation, Keim und Kern jedweden Nationalgefühles. Und da Menschen in Räumen leben, bekommt Nationalgefühl die staatliche, eben geographische Dimension.

(A) Reichsgründung und Weltkrieg erster Teil

Das Reich von 1871 war aus deutscher Sicht ohne Zweifel eine Errungenschaft. Obwohl an den Rändern nationale Minderheiten Einbußen hinnehmen mussten, war die Arrondierung Preußens im Prinzip von allen Europäern sanktioniert. Ein knappes Dreiviertel Jahrhundert später kam das Nichts. Millionen Tote u. Verletz- te, Millionen Vertriebene, unvorstellbares Elend, mit weltweiten Wirkungen; noch heute, als Folge, etwa von Osteuropa bis zum Pazifik, in Leipzig und in Dresden mit den Händen zu greifen.

Begonnen hatte alles mit jener legendären militärischen Zeremonie der Kaiser- Proklamation in Frankreichs bester Stube, dem Schloss von Versailles. Warum nicht in Sans-Souci oder in der Paulskirche? Jedenfalls ist gesicherte Erkennt- nis, dass es damals die Flugbereitschaft der Luftwaffe noch nicht gab; dennoch waren sie alle “irgendwie zur Stelle” (Golo Mann). Derweil plagte den Eisernen Kanzler, Fürst Otto v. Bismarck, die Frage, ob Wilhelm sich “Deutscher Kaiser “ oder “Kaiser von Deutschland” nennen sollte (Erinnerungen II, S. 119ff, Stuttgart 1898). Sensibilität im Deutschen offenbar nicht nur etymologisch ein Fremdwort
 ... Es kamen dann Jahre mit Prosperität, mit aufblühender Infrastruktur, Handel, Technik, Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst, sogar Sozialgesetze, neues BGB, politisches Gewicht und vieles mehr. Waren der Adelsstand, die tonangebenden “Officiere” und große Teile des Bürgertums so “besoffen” oder siegestrunken- überheblich, dass sie nicht merkten, wie allerlei Gegner von 1871 ihnen zwar Honig um den Bart schmierten, sie dennoch laufend “provocierten”, worauf unsere Hochmögenden offenbar kollektiv hereinfielen? Menschlich wäre das. Da die Na- tion, zwar “verändert”, weiterlebt, ist zu formulieren: “Gesoffen” haben “wir”, nicht die “Anderen”. Konsequenz: Die Bewusstsein raubende Keule von 1918/19.

(B) Weltkrieg zweiter Teil, der Exitus

Ab 1925 wurde zwar wieder etwas gefeiert, aber jene, deren Taktstock Akzep- tanz finden konnte, waren wie von Geisterhand weggefegt. Frustration griff um sich; das Unheil nahm seinen Lauf. Als ob das Wesen dem Tod geweiht sei, bäumte es sich noch einmal auf; das Verbrechen vom industriellen Mord an 6 Millionen Juden erinnert an den Prankenschlag, den letzten Hauch der Raubkat- ze vor dem Exitus. Ohne Zweifel haben nur wenige der vielen Millionen Einzelnen, ex post schuldig Gewordenen, weil sie der NSDAP aktiv oder passiv den Weg ebneten oder diesen nur freimachten, gewollt was kam. Bitter bezahlt haben den- noch sehr viele; gezahlt haben selbstverständlich auch wir, die Erben.

Das Thema ist jedenfalls abgeschlossen, denn das Reich von 1871 war 1945 buchstäblich verfrühstückt. Im Grunde genommen sollten wir heute von dem Glück reden, dass nicht noch viel mehr schief gelaufen ist, dass trotz allem doch so viel übrig geblieben ist: Deutschland mit 82.000.000 Menschen, die 2001, also 130 Jahre “danach” noch einmal 5 Mia EUR aufgebracht haben. Es stimmt, das Thema Beutekunst ist noch offen ... So weit die eher materielle Sichtweise. Zu behandeln ist noch die wichtigere, immaterielle, d.h., kulturelle Dimension unse- res Verständnisses zu Deutschland.

(C) Deutschland heute

Die Pflicht 2001 zu zahlen hat mit Schuld nichts zu tun. Die Schuld von der hier die Rede sein könnte, ist nicht abzugrenzen. Von den Schuldigen ist ohnehin nichts (mehr) zu holen. Warum wurden denn die 5 Mia EUR von 2001 gezahlt? Warum besteht diese Pflicht? Die naheliegende Antwort scheint nicht über die Lippen kommen zu wollen. Liberale Geisteshaltung schlägt die Bresche in den Dschungel der Beklommenheit:

Das ist eine Frage, die sich die Nation stellt. Das ist eine Frage, der sich die Nation stellt - auch wenn zu berücksichtigen ist, dass bei einer Volksabstim- mung die Mehrheit vermutlich nicht zu Stande käme. Also, wir zahlten in 2001, weil wir eine Nation sind, weil nationale Identität nicht von gutem oder schlech- tem Wetter abhängen darf. Und wir sollten Nation sein wollen - mit Nationalhym- ne, obwohl Pathos heute eher fremdelt. Da ist es wieder das Nationalgefühl. Alfred Neven DuMont schrieb am 25.7.1998 im KStA jenen bemerkenswerten Satz “nicht austreten aus der Geschichte”. Bemerkenswert, weil zu wenige dieses Gebot beherzigen. Aber wir wissen: Es ist überhaupt nicht möglich aus der Geschichte auszutreten. Weil wir eine Nation sind und sein wollen; auch wenn es etwa sozialistischen Pharisäern nicht ins Konzept passt. Zwar haben unsere Sozialisten gründlich erfahren, wie Nationalgefühl ihnen sicher schmerz- liche politische Niederlagen bereitete; dennoch kann nicht akzeptiert werden, dass die große Mehrheit der Sozialisten heute das Nationalgefühl (anderer Men- schen) mit Füssen tritt. Und unerschütterlich muss bekräftigt werden: Sozialis- mus ist eine unmoralische Lehre, weil die Versprechen unter Berufung auf das Programm nicht erfüllbar sind. Trotz allem dürfen Sozialisten 2001 nicht von der Nation ausgeschlossen werden; auch diejenigen nicht, die in der DDR überwintert haben. Sozialisten sind Bestandteil der deutschen Nation, trotz des listenreich- emsigen Herbeiführens eines bereits heutige, erst recht künftige Bürger verletzen- den Mahnmahl-Beschlusses von 1999 im Bundestag. Liberale Geisteshaltung ankert in Realität.

Es ist müßig, nationstiftende Gemeinsamkeiten aufzuzählen. Eines ist bereits klar geworden: Eine etwaige Forderung von 100 % Übereinstimmung zur nationa- len Frage ist nicht realisierbar. Es gibt aber noch mehr. 9 % der Einwohner in Deutschland sind Ausländer; also sind 0,5 der 5 Milliarden EUR von Ausländern gezahlt worden. Und wer bezahlt den Einsatz der Bundeswehr in Südosteuropa, die Beiträge zu den VN, zur Entwicklungshilfe, zum EU-Budget? Nationale Ein- heit 2001 hat also neben der geographischen, eine kulturelle, eine parteipoliti- sche und eine ökonomische Dimension. Das ist nichts Neues. Wir ahnen: Etwa Sozialisten oder hier lebende Ausländer von der nationalen Frage auszuklam- mern, führt zu aberwitzigen Resultaten. Also sind Sozialisten und Ausländer unentrinnbar in die nationale Frage eingebunden. Es stimmt: Das Konzept von Nation hat sich spürbar verändert. Selbstverständlich wird hier Deutsch gespro- chen - von allen, bitteschön. Manche lernen Goethe, Kant, Bismarck, Sepp Herberger, Birgit Fischer, Heuss, Beethoven. A propos “Beethoven”: Und ist das keine deutsche Kultur, wenn Deutsche brasilianische Samba, mittelamerikani- sche Salsa tanzen, Chiles Pablo Neruda lesen, den Russen Tschaikowsky hö- ren? Wir näherten uns gefährlich dem Absurden. Liberale Geisteshaltung bewährt sich einmal mehr, wenn postuliert wird, dass deutsches Nationalgefühl auf
82.000.000-fach unterschiedliche Weise ausgeprägt ist.

Mit Leitkultur hat all das wenig zu tun. Und es wird angesichts der Dimension der nationalen Frage auch klar, wie primitiv, ja ungehobelt der Antrieb zur Formulie- rung des Leitkultur-Anspruches ist. (Angesichts anderer “Vorfälle” aus der glei- chen Ecke in den letzten Wochen sollten wir verallgemeinern: Jugendsünden, Zack-zack-Haltung aus früherer Berufstätigkeit können, sogar großzügig, verge- ben werden; die Erläuterung zur Begründung für den Antrag allerdings ist Bring- schuld ...).

Jeder solle sein Nationalgefühl haben, auch stolz sein, auf was immer. Ungemüt- lich allerdings muss es werden, wenn Einzelne oder Viele ein derart starkes Na- tionalgefühl überkommt, dass sie qua Bundeswehr ... Zur nationalen Kultur muss weitergehend gehören, das Nationalgefühl anderer im In- und Ausland we- der absichtlich noch aus Tollpatschigkeit zu verletzen. So etwas “machen” “wir” nicht (mehr), weil sich das nicht gehört.

Würdige den Menschen wie Dich selbst. Liberale Geisteshaltung.

(D) Deutschland ab heute

Sowohl glühender Patriotismus, wie großer Patriotismus lassen anderen zu we- nig Raum; beides nimmt zu wenig Rücksicht auf anderer Leut’ Gefühle - die
Welt, zig mal
enger als früher, fordert vielfach mehr Toleranz von allen; nicht Toleranz aus Indifferenz, sondern Toleranz aus Respekt. Seien wir daher ge- meinsam, eher schlicht,

aber positiv für den kleinen Patriotismus. Das muss genügen.

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